„Teuer, aufwendig, überflüssig“ – NRW-Wirtschaft fordert in gemeinsamem Positionspapier den Verzicht auf kommunale Verpackungssteuern

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Die nordrhein-westfälische Wirtschaft stellt sich einmütig gegen die Einführung einer kommunalen Steuer auf Einweg-Verpackungen, wie sie derzeit in mehreren Dutzend Kommunen diskutiert wird.

Einzelne Städte wie Köln oder Oberhausen haben schon die Einführung der neuen Steuer beschlossen.
Auslöser war die Stadt Tübingen in Baden-Württemberg, die als erste eine solche Steuer eingeführt
und damit vor Gericht Erfolg hatte.

Eine solche Steuer sei aber teuer, aufwendig und überflüssig, stellte die NRW-Wirtschaft in einem
gemeinsamen Positionspapier fest. Getragen wird das Papier von IHK NRW, Bund der Steuerzahler
NRW, DEHOGA NRW, Handelsverband NRW, unternehmer nrw und HANDWERK.NRW. Gemeinsam
fordern sie die Kommunen auf, keine Verpackungssteuer einzuführen. Die Landesregierung solle die
gemäß Kommunalabgabengesetz erforderliche Genehmigung verweigern. Besser noch, so die NRWWirtschaft,
folge das Land dem Vorbild Bayerns und verbiete die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer
gleich ganz.

Die NRW-Wirtschaft bezweifelt, dass eine solche Steuer einen nennenswerten Lenkungseffekt hätte
und es zu einer spürbaren Verringerung von Verpackungsmüll käme. Sicher sei nur, dass Wettbewerbsnachteile
für alle Betriebe entstünden, die Lebensmittel vor Ort zubereiteten. Auch der bürokratische
Aufwand bei Kommunen und Betrieben gleichermaßen werde ganz erheblich sein. Komplizierte
Auslegungsvorschriften, wie sie die Stadt Tübingen vorgelegt hat, lassen in der Tat etliche Umsetzungsprobleme
erahnen. Irritiert ist die Wirtschaft auch darüber, dass kommunale Verpackungssteuern
sich mit europarechtlichen und bundesrechtlichen Vorschriften überlagern, die auf die Wiederverwertbarkeit
von Verpackungen abzielen. Hier drohten Sonderwege, die mittelfristig nicht europarechtskonform
sein könnten.

Dazu erklärten:
Andreas Ehlert, Präsident von HANDWERK.NRW:
„In Sonntagsreden wird immer über die Entlastung des Mittelstandes von Steuern und Abgaben gesprochen.
Das Beispiel der Verpackungssteuer zeigt wieder einmal: Wenn Politik konkret wird, macht
sie leider genau das Gegenteil und produziert mehr Belastungen und mehr Bürokratie.“

Arndt G. Kirchhoff, Präsident von unternehmer nrw:
„Deutschland ist im internationalen Standortwettbewerb in den letzten Jahren immer mehr ins Hintertreffen
geraten – nicht zuletzt durch eine überbordende Bürokratie. Eine kommunale Verpackungssteuer
würde jetzt Betriebe mit neuem Verwaltungsaufwand zusätzlich belasten anstatt sie zu
entlasten. Es wäre zugleich ein fatales Signal an alle Unternehmerinnen und Unternehmer, die jetzt
dringend auf einen wirtschaftspolitischen Stimmungswechsel warten.“

Michael Radau, Präsident des Handelsverbands NRW:
„Das Ziel der Reduzierung von Einwegverpackungen und entsprechenden Abfallmengen ist absolut
unterstützungswürdig. Nur ist eine kommunale und im Extremfall hundertfach unterschiedliche Abgabe
auf Einwegverpackungen hier nicht zielführend. Die Lenkungswirkung einer derartigen kommunalen
Abgabe ist fragwürdig und es besteht die Gefahr, dass diese lediglich preistreibend wirkt.
Was wir brauchen sind funktionierende und akzeptierte Rücknahmesysteme für Mehrwegbehältnisse.“

Patrick Rothkopf, Präsident von DEHOGA NRW:
„Wir befürchten, dass sich neben dem bürokratischen Aufwand der ohnehin hohe Wettbewerbsdruck,
dem gerade die vielen Klein- und Kleinstbetriebe, die es in der Gastronomie häufig gibt, weiter verschärft.
Wir müssen deshalb gemeinsam überlegen, wie wir beispielsweise eine Infrastruktur fördern
und aufbauen, die den Einsatz von Mehrweg einfacher und komfortabler macht. Lokale Verpackungssteuern
lösen das Problem nicht.“

Rik Steinheuer, Präsident des Bundes der Steuerzahler NRW:
„Für eine wirksame Kontrolle der Verpackungssteuer müssten die Kommunen in erheblichem Umfang
Personal einsetzen – das kostet nicht nur viel Geld, sondern wird in Zeiten des Arbeitskräftemangels
in anderen Bereichen auch viel dringender benötigt.“

Ralf Stoffels, Präsident von IHK NRW:
„In einer Zeit, in der Bundes- und Landesregierung Initiativen starten, um Bürokratie abzubauen, führt
eine Verpackungssteuer zu einem erheblichen und dauerhaften Bürokratieanstieg. Die Unternehmen
müssen dauerhaft jeden Vorgang dokumentieren und Mitarbeitende schulen. Allein die Tübinger
Satzung umfasst über 20 DIN-A4-Seiten mit Auslegungshinweisen. Bei jedem Kauf müssten Mitarbeitende
in Zukunft über den Anfall einer Steuer entscheiden. Als IHK NRW fürchten wir, dass eine
ohnehin schon hochgradig regulierte Branche so nochmals belastet wird. Angesichts der Vorhaben
in Bund und EU drohen zudem Doppelregelungen.“

Ansprechpartner: Thorsten Hellwig, Pressesprecher